Die vier fundamentalen Wechselwirkungen

Allgemeines

Unser Kosmos ist bestimmt durch vier Fundamentalkräfte, auf die sich alle Kraftwirkungen zurückführen lassen:

  • Gravitation (Schwerkraft) (entdeckt: 1666, Newton)

  • Elektromagnetische Wechselwirkung (19 Jhd., Faraday, Maxwell)

  • Schwache Wechselwirkung (20. Jhd.)

  • Starke Wechselwirkung (20. Jhd.)

Diese Kräfte werden durch virtuelle Austauschteilchen, den Eich-Bosonen (siehe Kapitel 4), übertragen. Die virtuellen Teilchen selbst sind nicht messbar, nur ihre Auswirkungen. Sie entsprechen mathemat. Termen in den Theorien, die die Kräfte beschreiben, mit den Eigenschaften bestimmter realer Teilchen.

Jede Kraft hat ihre eigenen Austauschteilchen, die nur zwischen Teilchen wirken können, die die entsprechende Ladung (Masse, elektrisch, schwach oder stark) haben. Beim Austausch der Eich-Bosonen wird scheinbar der Energieerhaltungssatz verletzt, entsprechend der Energie-Zeit-Unschärferelation ist dies aber für sehr kurze Zeiträme gestattet. Je größer die Masse bzw. Energie des Austauschteilchens ist, desto kürzer ist deshalb die Reichweite der Kraft.



Gravitation

  • bestimmt Form und Größe der Strukturen im Universum, die entscheidende Kraft der Astrophysik, aber unbedeutend für die Teilchenphysik
  • bindet jede Form von Materie, wenn in hinreichender Menge vorhanden, aneinander
  • wirkt immer anziehend
  • Reichweite (wahrscheinlich) unendlich
  • wirkt zwischen Teilchen, die Masse/Energie tragen
  • wird übertragen durch das Graviton (noch nicht nachgewiesen)
    alternative Beschreibung der ART: Raumkrümmung
  • beschrieben durch Newtons Gravitationsgesetz und Einsteins allgemeine Relativitätstheorie
  • Experiment: Man halte einen Apfel in der ausgestreckten Hand und lasse ihn dann los. Was beobachtet man?
    Auf Grund der Gravitationskraft der Erde fällt der Apfel direkt auf den Boden.


Elektro-Magnetische Kraft

  • die entscheidende Kraft der Atomphysik, bindet Elektron und Atomkern aneinander
  • elektrische Ladungen gleicher Art stoßen sich ab, elektrische Ladungen verschiedener Art ziehen sich an
  • Reichweite unendlich, aber in der Ferne unbedeutend, da sich positive und negative Ladungen in der Ferne kompensieren
  • wirkt zwischen Teilchen, die die elektrische Ladung tragen
  • wird übertragen durch das Photon
  • die ihr zugrundeliegende Theorie ist die Quantenelektrodynamik QED, sie ist die am besten bestätigste Theorie der Physik



  • Experiment: Mit Hilfe eines Kunststoffstabes und eines Katzenfelles werden Ladungen auf ein Elektrometer aufgebracht. Was beobachtet man?
    Das Pendel schlägt auf Grund der Abstoßung gleichnamiger Ladungen aus. Anschließend wird der Vorgang mit einem Porzellanstab wiederholt. Was beobachtet man nun und weshalb?


Schwache Kraft

  • bestimmende Kraft des beta-Zerfalls
  • einzige Kraft, über die das Neutrino wechselwirken kann
  • extrem kurze Reichweite von 10-17m
  • wirkt zwischen Teilchen, die die schwache Ladung tragen
  • wird übertragen durch das W+, das W- und das Z0 Boson, alle drei sind sehr schwer, dies hat die extrem kurze Reichweite zur Folge
  • Beispiel:    beta-Zerfall eines Neutrons (schematisch)
    Ein Quark ändert seinen Flavor und damit auch seine Ladung, sendet ein W-Boson aus, das sich in ein Elektron und ein Antineutrino verwandelt.



Starke Kraft

  • bindet die Quarks zu Hadronen zusammen, ist die entscheidende Kraft der Kernphysik
  • sehr kurze Reichweite von 10-15m
  • wirkt zwischen Teilchen, die die Farbladung tragen
  • wird übertragen durch die Gluonen, die selbst Träger der Farbladung sind und somit auch miteinander wechselwirken können
  • die ihr zugrundeliegende Theorie ist die Quantenchromodynamik QCD
  • Beispiel: Anziehung zweier Quarks
    Zwei Quarks ziehen sich an, indem sie ständig Gluonen austauschen, die selbst Farbe und Antifarbe tragen. Dabei ändern die Quarks neben Energie und Impuls auch ihre Farbe.



Vereinheitlichung der Kräfte

Bei der Entstehung des Universums im Urknall waren gemäß dem Standardmodell der modernen Kosmologie alle Kräfte in einer Superkraft vereinigt. Nach und nach trennten sich die Kräfte auf.

  • Heute ist es möglich, die elektromagnetische und die schwache Kraft in der elektroschwachen Theorie gemeinsam zu beschreiben.
  • Es gibt Ansätze, auch die starke Kraft mit einzubeziehen (Grand Unified Theory, GUT).
  • Es gelang jedoch noch nicht, auch die Gravitation zu berücksichtigen (Quantentheorie der Gravitation, TOE).
  • Generell sind diese Vereinheitlichungen (noch) nicht experimentell zugänglich, da hierfür extrem hohe Energien notwendig sind.



Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung

Glashow, Salam, Weinberg entwickeln 1969 die Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung

  • vorausgesagtes 4. Quark (c) wurde 1973 entdeckt
  • Voraussagen bzgl. der Massen von W+, W- und Zo wurden 1983 experimentell bestätigt
  • unterschiedliche Stärke der schwachen und elektromagnetischen Kraft beruht auf den unterschiedlichen Massen ihrer Austauschteilchen, bei sehr hohen Energien sind beide Kräfte gleich stark
  • bei hohen Energien sind W+, W- und Zo masselos wie das Photon, unterhalb einer bestimmten Energie wird ihre Masse durch Higgs-Felder erzeugt
  • es gibt 4 Higgs-Felder, bei Abkühlung werden von W+, W- und Zo je ein Higgs-Boson absorbiert, W+, W- und Zo erhalten so Masse
  • Photon ist masselos, also muss es ein freies Higgs-Boson geben, es wurde aber noch nicht gefunden


Grand Unified Theories (GUTs)

  • Zusammenführung von elektroschwacher und starker Kraft
  • Vorraussagen:
    • Quarks und Leptonen können ineinander umgewandelt werden
    • das freie Proton ist instabil (Lebensdauer etwa 1033 Jahre)
    • Neutrinos haben Masse
    • es gibt massive magnetische Monopole


Theories Of Everything (TOE)

  • gemeinsame Beschreibung von elektroschwacher Kraft, starker Kraft und Gravitation
  • Superstringtheorien, 10 Dimensionen, 6 eingerollt
  • Leptonen und Quarks sind nicht punktförmig, sondern Fäden, deren Abmessung zur Zeit nicht messbar ist (Plancklänge, 10-35m)
  • alles sehr spekulativ...